Filmplakat von Pinocchio

Pinocchio

88 min | Fantasy | FSK 6
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Der Tischler Geppetto lebt einsam und zurückgezogen in einem kleinen Dorf in Italien. Ein vorbeiziehendes Marionettentheater bringt ihn auf die Idee, sich aus einem Stück Holz eine eigene Puppe zu schnitzen, die ihm Gesellschaft leisten soll. Schon bald nimmt der Klotz die Form eines kleinen Jungen an, der dann urplötzlich zum Leben erwacht. Der Tischler verkündet stolz, dass Pinocchio, wie er den hölzernen Knaben tauft, sein Sohn sei. Damit der Junge eine gute Ausbildung bekommt, schickt Geppetto ihn zur Schule. Doch Pinocchio hat ganz andere Dinge im Kopf und reißt von zu Hause aus. Das freche Bürschlein stolpert daraufhin von einem Missgeschick ins nächste und muss - um zu seinem besorgten Vater zurückkehren zu können - eine Reihe aufregender Abenteuer bestehen.

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Filmkritik

Der weisen Grille im Roman „Die Abenteuer des Pinocchio“ von Carlo Collodi ist zunächst kein gutes Ende beschieden. Kaum hat sie die zum Leben erwachte Holzpuppe namens Pinocchio ermahnt, sich nicht gegen die Eltern aufzulehnen und nicht fortzulaufen, wird sie von dieser mit einem Holzhammer erschlagen. Diese Szene hat es dann allerdings nicht in die Disney-Adaption des Stoffes von Hamilton Luske und Ben Sharpsteen aus dem Jahr 1940 geschafft, die ein Herzensprojekt von Walt Disney war. Pinocchio in dieser Fassung bei weitem nicht so garstig und frech wie im Roman, und außerdem darf die Grille, die im Buch immerhin als Geist wiederaufersteht, am Leben bleiben. Sie erhält den Namen Jiminy Grille und wird zum allwissenden Erzähler, zum Begleiter Pinocchios und zum Sidekick. Und so lebt sie selbstverständlich nun auch in der Neuverfilmung von Robert Zemeckis, die sich wie die anderen Disney-Realfilm-Remakes des vergangenen Jahrzehnts eng an den Zeichentrickfilm-Klassikern des Studios orientiert.

Der ikonische Look der Puppe

Obgleich Pinocchio jetzt eine CGI-Schöpfung ist, wurde der ikonische Disney-Look der Puppe beibehalten: eine gelbe Mütze, unter der eine schwarze Haartolle herauslugt, große blaue Augen, eine blaue Fliege, eine rote Latzhose, weiße Handschuhe. Der alte Tischler Geppetto wird gewohnt sanftmütig von Tom Hanks gespielt – und im Gegensatz zu anderen Nebenfiguren glücklicherweise ohne pseudoitalienischen Akzent.

Auch in Zemeckis’ Adaption dominiert das Motiv der Sehnsucht. Geppetto bastelt eine Marionette mit dem Aussehen eines Kindes, um die Trauer um seinen verlorenen Sohn zu verarbeiten. Und wünscht sich, dass diese sich in einen echten Jungen verwandeln möge. Noch in derselben Nacht geschieht das Wunder. Die Blaue Fee erscheint und erweckt die Holzpuppe zum Leben. Doch auch Pinocchio muss seinen Teil dazu beitragen, ein echter Junge zu werden. Dazu muss er lernen, tapfer, ehrlich und selbstlos zu sein – und vor allem, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Als Gewissen steht ihm so lange Jiminy Grille zur Seite.

Herausforderungen mit pädagogischen Absichten

Episodenhaft konfrontiert der Film Pinocchio mit den unterschiedlichsten Herausforderungen. In der Schule wird er nicht genommen, weil er nur ein Stück Holz ist; beim dubiosen Wanderzirkus von Stromboli verspricht man ihm, dass man berühmt werden muss, um echt zu sein – ein netter Seitenhieb auf Influencer. In der Begegnung mit dem zwielichtigen Fuchs und dessen Gefährten lernt Pinocchio, dass Ehrlichkeit pure Behauptung bleibt, solange sie sich nicht im Verhalten zeigt; in einem Vergnügungspark beobachtet Pinocchio aus nächster Nähe, wie Gier Menschen verändert. Die pädagogischen Absichten sind unübersehbar; jede Episode ist eine Lektion, die Pinocchio seinem Ziel näherbringt, einen moralischen Kompass zu entwickeln und sich in der Welt zurechtzufinden.

Doch Robert Zemeckis, der mit „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ schon früh eine wegweisende, auch freche Mischung aus Real- und Zeichentrickfilm inszeniert und mit „Forrest Gump“ ein episch-warmherziges Drama gedreht hat, setzt in seiner Adaption kaum eigene Akzente. Sein „Pinocchio“ klebt am Disney-Trickfilm; er weiß der Geschichte aber weder inhaltlich noch stilistisch spannende Perspektiven abzugewinnen. Die Zeit ist jetzt ein Leitthema des Films: Zeit als Erinnerung, als Rückblick, als ein Stück Leben. Sie spiegelt sich in den unzähligen Kuckucksuhren, die in Geppettos Werkstatt hängen, in der kurzen Begegnung des alten Jiminy mit seinem jüngeren Selbst, im Alter von Geppetto, aber auch in dem traurigen Blick Geppettos auf das Foto des Jungen, den er verloren hat und dessen Ebenbild er mit der Holzpuppe erschaffen möchte.

Das Herz schlägt zu leise

Aber der Film reißt all dies nur an und vertieft nicht die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit und dem Verlust. Dazu kommt, dass die Titelfigur kaum Interesse weckt. Pinocchio hat zwar einen klaren Auftrag und einen großen Herzenswunsch, aber das Herz dieser hölzernen Puppe schlägt viel zu leise.

Der Ruhm des Zeichentrickklassikers „Pinocchio“ ist nicht nur der Geschichte und den Songs geschuldet – die Melodie „When You Wish Upon a Star“ begleitet schließlich auch das Disney-Logo –, sondern auch der technischen Umsetzung. Die Simulation aufwändiger Kamerabewegungen durch die Filmwelt, die durch perspektivisch geschickt verzerrte Zeichnungen erreicht wurde, sowie die Tiefenwirkung durch die Multiplan-Kamera waren etwas, das man 1940 so im Trickfilm noch nicht gesehen hatte. Robert Zemeckis’ „Pinocchio“ hingegen ist in dieser Hinsicht überraschungsarm. Die Verschmelzung von CGI- und Realfilmelementen ist nichts Außergewöhnliches mehr und ruft kein Staunen mehr hervor.

Erschienen auf filmdienst.dePinocchioVon: Stefan Stiletto (22.4.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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