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Filmkritik
Können kleine Affen eigentlich Ironie? Fast hat man den Verdacht, wenn Akiko, das kleine Kapuzineräffchen, sein Leben im Zoo so einleitet: „Die Menschen wohnen in der lauten Stadt mit viel Beton. Sie kommen uns besuchen, weil es hier so schön grün ist.“ Und dazu sieht man gar nichts Grünes, sondern einen Zoo, der wenig mehr ist als ein paar Käfige aus Beton, mit Pflasterwegen dazwischen, alles nicht weniger versiegelt als die Stadt da draußen.
Eine nicht besonders freundliche Karikatur von Zoos also, und Regisseur Veit Helmer baut in seinem Film „Akiko, der fliegende Affe“ auch gleich eine klare Antagonistin als Schuldige auf: Die Zoodirektorin (Meret Becker, lustvoll bösartig und mit Goldzahn), die aufsässigen Tieren kurzerhand mit ihrem riesigen Baukran Käfige mit noch dichteren Gittern auf die Gehege stellt.
Im Wald kann man noch wild und frei leben
Akiko, der in der Logik des Films ein junges und besonders kleines Kind der Affenfamilie ist (gespielt von Menschen in Affenkostümen und also deutlich größer als der „Nachwuchs“), soll aus dem Zoo ausbrechen und mithilfe einer Karte von seinem Großvater den Wald finden, direkt vor der Stadt, wo direkte Verwandte noch wild und frei leben können. Modus der Flucht ist ein motorgetriebenes Modellflugzeug, das Akikos Opa umgebaut hat. Akiko fliegt und flieht, die Zoodirektorin schickt ihm nicht nur ihren Zoowärter, sondern auch die Polizei hinterher.
Alles in diesem Film ist ein bisschen seltsam und sehr viel schräger als jede Realität, darin bleibt Helmer seinem Zugriff auf die Form des Kinderfilms treu. Sein „Quatsch und die Nasenbärbande“ war 2014 ein einziger wüster, anarchischer, antikapitalistischer Wahnwitz, ein verkanntes Meisterwerk: Die Revolte von Kindergartenkindern gegen die Elterngeneration, die nur fad, angepasst und durchschnittlich sein will. Gebt den Kindern das Kommando!
Davon bleibt in „Akiko, der fliegende Affe“ der bewusste Versuch, es anders zu machen. Helmer bewegt sich weit außerhalb der erprobten Geschichten im Rahmen bürgerlicher Sicherheiten, über die viel zu viele deutsche Kinderfilme nicht hinauskommen – vor allem jene nicht, hinter denen ein etabliertes „IP“ (Intellectual Property), etwa eine Kinderbuchreihe, liegt. Hier gibt es keine erfolgreiche Vorlage mit neun bis siebenundzwanzig Bänden; der Erfolg ist nicht garantiert: Veit Helmer macht jedenfalls Filme, die andere Leute sich nicht trauen würden.
Überall versteckt sich eigenwilliges Leben
Aus der Perspektive des Äffchens wird die Stadt auf einmal zu einem von heimlichen Orten durchsetzten Gebiet: Im Briefkasten wohnt Marder Susi, die fleißig Literatur, aber auch alle Briefe liest, im Altglascontainer hat es sich der sehr berlinernde Waschbär Aaron sehr gemütlich und farbenfroh eingerichtet. Überall versteckt sich da eigenwilliges Leben, in der Ampelschaltung und im Spielzeuggeschäft.
Zwischendrin wird gesungen: Meret Becker besingt ihre bösen Pläne, das klingt fast wie Brecht’sches Theater; m Spielzeugladen singen die Puppen mit dem Verkäufer mit, die Fahrradklingeln machen Konzert. Auch die hier heimische Ratte erhebt ihre Stimme, und das sieht dann leider schon ziemlich gruselig aus.
Wie überhaupt die Animation der Tiere gelegentlich doch ins „Uncanny Valley“ abrutscht, in jenen Wahrnehmungs-Bereich, in dem die animierten Mund- und Gesichtsbewegungen auf den real gefilmten Tieren (jede Menge Tiertrainer waren involviert) so irritierend zwischen „ganz lebensecht“ und „künstlich“ feststecken, dass sie unheimlich, gar abschreckend wirken. Vor allem an der weißen Ratte im Puppenhaus wird das überdeutlich.
Schwerer als die Animation – der Versuch ist clever, die Ausführung unvollkommen – wiegt aber, dass der Film weder zu einem kohärenten Ganzen zusammenwachsen will noch sich wirklich ganz darauf einlassen mag, schräg und sonderbar und einzigartig zu sein.
Motivation vom Affen-Opa
Stattdessen gibt es vom Affen-Opa (welch ein Graus) eine Motivationsansprache der flachsten Sorte („Du musst es ganz doll wollen, dann schaffst du es.“), und so ergibt sich dann der revolutionäre Akt der Befreiung doch auch eher aus ganz doll Konstruiertem, als Folge von glücklichen Begegnungen. Spannend ist das nicht, besonders interessant leider auch nicht.
Dazu trägt auch bei, dass die menschlichen Darsteller ihre Aufgaben mit wildestem Overacting erfüllen: Becker sticht besonders hervor, aber auch Benno Fürmann als Zoowärter und Heike Makatsch schießen übers Ziel hinaus. Letztere läuft mit Schnurrbart im Gesicht als Polizist durch den Film, aber mehr als schräger Selbstzweck scheint dieses Crossdressing leider auch nicht zu sein.