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Filmkritik
Auch ein Ministerpräsident muss mal! Als der bayerische Landesfürst bei einer turbulenten Pressekonferenz vom „Austreten“ spricht, ist ganz prosaisch ein physisches Bedürfnis gemeint. Doch die sensationslüsterne Presse und Intriganten aus den eigenen Reihen wollen den „Austritt“ partout als historisches Statement missverstehen. Am nächsten Tag künden die Schlagzeilen von Austritt Bayerns aus der Bundesrepublik, und die Gespräche im Supermarkt drehen sich fortan um politische Fragen wie beispielsweise die künftige Gestaltung der bayerischen Währung: „I wui a Markl mit dem G’sicht vom Ministerpräsidenten!“ Der wiederum sieht nur einen Ausweg aus dem Schlamassel: Abtauchen, heim ins Oberbayerische, in den Schoß seiner Familie, die ihn schon lang nicht mehr gesehen hat. „Austreten“ ist der dritte Film des Schmidbauer-Kollektivs um die Geschwister Tanja und Andreas Schmidbauer, erneut eine Heimatkomödie, in der konsequent Dialekt gesprochen wird. Beide stammen aus dem Chiemgau, wie auch das vorwiegend aus Laien bestehende Team. Neben dem vom Markus Böker gespielten Ministerpräsidenten Johann Reitmayer gibt es zwei weitere Hauptfiguren: Kathi (Tanja Schmidbauer), Reitmayers Tochter, und den karriereversessenen Jungjournalisten Marco (Thomas Schmidbauer). Beide suchen den amtsmüden Politiker, der es auf dem heimischen Hof nicht lange aushält und an der Seite eines Paketboten, zunächst mehr oder minder incognito, durch ganz Bayern flüchtet. Wie „Hinterdupfing“ (fd 42 382) ist auch „Austreten“ ein Amateurfilm. Die Laienschauspieler chargieren auf Teufel komm raus, was gerade im Unterschied zum zurückgenommenen Spiel der Profis heraussticht; manche Dialoge, aber auch manche Scherze erinnern an einen derben Bauernschwank. Während der Vorgänger „Hinterdupfing“ im begrenzten dörflichen Rahmen als Mischung aus Spiel- und Filmleidenschaft einen gewissen Charme entwickelte, wird in „Austreten“ schlichtweg zu viel und vor allem an zu vielen Orten erzählt. Auf Landesebene geht das Schmidbauer-Konzept nicht auf; es fehlen die kleinen, originellen Beobachtungen. Auch wirkt die politische Satire, insbesondere im Vorfeld der Bundestagswahl, viel zu brav, während die Witze mitunter sogar verstörend ausfallen. Als der Kollege des Nachwuchsjournalisten bei einer Bergtour zu jodeln versucht, fragt ihn Marco: „Geht’s noch, du Muezzin? Soll ich dir gleich den Gebetsteppich holen?“ Der Humor zielt häufiger auf das Unverstandene, Andere: auf Veganer, Franken, Preußen, Hippies. Das mag dem regionalen Publikum gefallen; „Hinterdupfing“ erreichte in Süddeutschland und Österreich mehr als 50.000 Zuschauer. Doch nur, weil Mundart gesprochen wird, muss man nicht aufs Niveau verzichten – das demonstrierte jüngst beispielsweise die „Grießnockerlaffäre“ (fd 44 842) aus der Eberhof-Reihe. Bayern sind schließlich nicht nur ein Haufen Deppen; sie können auch über sich selbst lachen.