







Vorstellungen










Filmkritik
Immerhin hat sich die Sängerin Océane (Vanessa Guide) Gedanken gemacht. Doch ob die selbst geschriebene Ballade „Tochter von Auschwitz“, die sie der jüdischen Tante (Liliane Rovère) ihres neuen Lebensgefährten Jérôme (Max Boublil) als Geschenk vorsingt, wirklich eine gute Idee war? Das strittige Ständchen, bei dem Jérôme vor Scham in der Couch versinkt und das die Tante mit unbewegter Miene hinnimmt, sorgt für den gewagtesten Moment in der französischen Familien- und Weihnachtskomödie „Das perfekte Geschenk“, die ansonsten kaum etwas wagt und kaum verfängt.
Drei Dildos für die Single-Frau
Océane, Tante Rivka und Jérôme sind nur drei von vielen Charaktere, die das Duo Raphaële Moussafir und Christophe Offenstein in ihrem Reigen aus Schenken und Beschenktwerden porträtieren. Das Geschenke-Thema wird schon im Vorspann eingeführt, der heimelige Super-8-Aufnahmen weihnachtlicher Bescherungen zu gut gelaunter Musik montiert.
Schlechte Laune hat dagegen Charlotte (Camille Lellouche), mit der die Komödie eröffnet. Die hasst Geschenke. Dass sie ausgerechnet am 22. Dezember Geburtstag hat, macht die Weihnachtszeit für sie zum doppelt schlimmen Spießrutenlauf. Angesichts all der Präsente, die ihr der Freundeskreis bei einer Überraschungsparty in ihrer Wohnung überreicht, kann man ihr nur beipflichten: Gleich drei Dildos packt Charlotte aus – weil sie schon so lange Single ist. Zu allem Überfluss tritt dann auch noch der Stripper Dan (Tom Leeb) auf, was Charlotte zwar höchst unangenehm ist, sie aber nicht davon abhält, die Nacht mit dem Mann zu verbringen und ihn fortan als vorgeblichen Freund zu buchen.
Ein Marder mit Zipfelmütze
Charlottes Schwester Julie (Mélanie Doutey) steckt unterdessen mitten in einer schwierigen Ehekrise. Der Anlass ist banal: Ihr Mann hat ihr einen Pullover mit Schulterpolstern geschenkt. Wer den Geschmack seiner Gattin so wenig kennt, kann kein guter Ehemann sein. Dass man bei derart läppischen und wenig nachvollziehbaren Krisen kaum bis gar nicht mitfiebert, ist nicht verwunderlich. Vervollständigt wird das Ensemble mit Chantal Lauby und Gérard Darmon, die die Eltern von Charlotte, Julie und Jérôme spielen. Während der Vater vor allem mit seiner Hypochondrie beschäftigt ist, stichelt die Mutter, indem sie der alleinstehenden Charlotte immer wieder Single-Bettwäsche schenkt. Das Wehklagen darüber muss sich regelmäßig Charlottes Therapeut anhören. Der ausgestopfte Marder, der im Therapiezimmer auf dem Regal thront, trägt passend zur Weihnachtszeit eine Zipfelmütze und trifft mit seinem bizarren Anblick die angepeilte Bissigkeit des Films, die aber nie so richtig zündet.
Die familiäre Verbindung der Hauptcharaktere offenbart die Themenkomödie erst nach und nach. Den Großteil des Films über spielt das auch keine Rolle. Erst am Ende, wenn die verschiedenen Generationen am Weihnachtsfeiertag im Haus der Eltern zusammenkommen, nimmt die Komödie mit einer guten Portion Situationskomik an Fahrt auf. Das versammelte Ensemble entfaltet mehr Dynamik als die Episoden davor, auch wenn das holprige Miteinander nach wie vor belanglos bleibt. Diesen Eindruck können auch die charmanten Darsteller nicht abwenden – das Drehbuch bietet nichts, woran sich ernsthaft anknüpfen ließe. Die anfängliche Erwartung, dass die kleinen und großen Dramen um unpassende Geschenke nur der Aufhänger für echte Probleme sind, bleibt unerfüllt.
Auf Unterhaltung gebürstet
Inszenatorisch ist „Das perfekte Geschenk“ auf eingängige Unterhaltung gebürstet. Raphaële Moussafir und Christophe Offenstein setzen auf helle und aufgeräumte Bilder, auf Schals und Pullis in strahlenden Primärfarben und auf eine flotte Erzählweise. Weil es um Geschenke geht, spielen viele Szenen in vollen Geschäften, wo die Figuren wiederholt Beratungsgespräche mit dem Personal führen und dabei ihre Gedanken über die anderen kundtun. Im Hintergrund stehen dann oft Pappaufsteller von Océane, die ein Weihnachtsalbum aufgenommen hat. Ihr ab und an erklingender Clip „Alle kleinen Mädchen sind Prinzessinnen“ steht für die Oberflächlichkeit der dialoglastigen Komödie. Umso bizarrer wirkt ihre private Holocaust-Ballade, die als einsamer Stachel aus dem komödiantischen Einerlei heraussticht.
Ansonsten gibt es einen frechen Weihnachtsmann, deplatzierte Toilettenwitze und ein paar menschelnde Momente, die die zuvor geführten Streitereien wieder einrenken. Wie noch jeder Anti-Weihnachtsfilm vollführt die Komödie gegen Ende eine Kehrtwende und wird doch noch zum versöhnlichen Weihnachtsfilm. Dass dieses eigentlich unverwüstliche Patentrezept hier so gut wie nicht aufgeht, liegt an der Banalität der Problemlagen. Die mauen Missverständnisse sind ebenso behauptet wie die plötzlichen Versöhnungen. Ob Charlotte am Ende immer noch Single ist oder Julie ihrem Mann den Pullover-Fauxpas verzeiht, interessiert herzlich wenig.
