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Filmkritik
„Meine lieben Kinder, es liegt mir sehr am Herzen, dass ihr etwas über das Leben Jesu wisst. Denn ein jeder sollte von ihm wissen.“ Mit diesen Worten beginnt Charles Dickens seine Erzählung „Das Leben unseres Herrn Jesus Christus“, die er eigentlich nur für seine eigenen Kinder geschrieben hat. Erst 64 Jahre nach Dickens Tod erschien die Erzählung im Jahr 1934 als Buch.
Der koreanische Regisseur Seong-ho Jang war von Dickens Buch schon lang fasziniert. Sein Animationsfilm „König der Könige“ ist ein sehr komprimierter Jesusfilm mit einer Rahmenhandlung, in der Dickens seinem jüngsten Sohn Walter die Jesusgeschichte erzählt. Der Film beginnt im Theater, wo Dickens seine berühmte Weihnachtserzählung vorträgt. Die Veranstaltung wird allerdings immer wieder durch seinem Sohn Walter gestört, der hinter der Bühne über die Artus-Sage fabuliert. Statt Walter für sein Verhalten zu bestrafen, möchte Dickens den Sprössling auf Anraten seiner Frau für einen größeren König als Artus begeistern, den König der Könige sozusagen.
Nicht erst an diesem Punkt wird seine missionarische Absicht des Films deutlich. Manche Passagen wirken eher wie eine Predigt oder mindestens wie eine Schullektüre. Zwar behält der Film durch den fragenden Jungen und seine ihn Katze eine spielerische Grundstimmung. Doch die biblischen Szenen sind nach klassischem Muster, dem titelgebenden Vorbild „König der Könige“ (1960) von Nicholas Ray, inszeniert. Jesus wird als der souveräne Messias und Gottessohn vorgestellt, charakterisiert vor allem durch seine Wundertaten.
Während zu Beginn der Erzählung mit der Geburt in Bethlehem, den Weisen aus dem Morgenland, König Herodes und dem Kindermord sowie der Flucht nach Ägypten das Kind seinen Vater immer mal wieder unterbricht und die Szenerie so zwischen London und den biblischen Orten wechselt, werden Vater und Sohn im weiteren Verlauf selbst Teil der Ereignisse im damaligen Palästina. Mehrfach verschmelzen die Figur des Erzählers und die erzählte Figur Jesus miteinander.
Jesus geht übers Wasser
Die Jesus-Erzählung besteht im Wesentlichen aus einer Aneinanderreihung von Wundern, beginnend mit dem wunderbaren Fischfang und der Berufung der Jünger. Berücksichtigt werden die Heilung eines Blindgeborenen und eines gelähmten Mannes, der auf einer Trage liegt, die Heilung eines Besessenen und auch die spektakuläre Übertragung der Dämonen auf eine Schweineherde. Weiter fehlt die Speisung der 5000 nicht, kombiniert mit Anspielungen auf die Bergpredigt, und der Gang Jesu auf dem Wasser, kombiniert mit dem Sturm auf dem See. Und natürlich auch nicht die Auferweckung des Lazarus als Zeichen für die Herrschaft über den Tod. Plus die Rettung der Ehebrecherin vor der Steinigung und ihrer traditionellen Identifikation mit der Frau, die Jesu Füße salbt. Mitten in diesen Szenen bewegt sich der kleine Walter, der das Geschehen mit großen Augen verfolgt oder auch mal auf der Suche nach seiner Katze Willa ist, die dann von Jesus beziehungsweise Dickens gefunden wird.
Durch die Verbindung der Erzählereben mit der erzählten Geschichte tauchen die Zuhörer/Zuschauer in das Geschehen ein. Zugleich soll die Geschichte von damals aber auch als aktuelles Ereignis verstanden werden. Dickens belehrt seinen Sohn in der biblischen Szenerie über die Macht des Glaubens und die unterschiedliche Wirkung von Wundern auf Menschen. Die Bedrohung des neugeborenen Jesus durch Herodes wird für Walter zur gefährlichen Mutprobe, wenn er sich den Soldaten in den Weg zu stellen versucht. Ähnliches ereignet sich bei der Verhaftung im Garten Getsemani. Bei der Gestaltung der drei Versuchungen in der Wüste wird die Souveränität und (göttliche) Vollmacht Jesu durch Haltung und Bildsprache aber so sehr hervorgehoben, dass keine Gefahr oder Spannung zu spüren ist.
Ein pädagogischer Grundton
Zielgruppe des Films sind jüngere Zuschauer, die mit Walter und seiner Katze mitfiebern. Für Erwachsene bietet der Film spannungsarme und vor allem überraschungsfreie Unterhaltung mit missionarischer Zielsetzung. Erzählt wird dabei immer sehr nah am biblischen Text; dramaturgisch zugespitzt wird nur an wenigen Stellen, wenn Wind und Wolken Verfolger einhüllen oder Dämonen fliegen. Das geschieht womöglich auch aus Respekt vor der Bibel, doch im Film sorgt dieses Vorgehen vor allem für einen sehr pädagogischen Grundton.
Die Animation ist gewöhnungsbedürftig. Die eckigen Köpfe und Bewegungen halten eher auf Distanz. Bei den Panoramen und Hintergründen wurde deutlich mehr Sorgfalt aufgewendet; an mehreren Stellen erfüllen sie farbenprächtig die Leinwand. Die Musik ist eher zu dominant und tendenziell aufdringlich. In der Figurenzeichnung, insbesondere bei den Gegenspielern von Jesu, etwa dem Hohenpriester und den Pharisäern, wird auf altbekannte Klischees zurückgegriffen. Bei der Passion werden Härten abgemildert, indem der Blick sich nicht direkt auf Geißelung oder Kreuzigung richtet. Es fließt kein Blut; die Darstellung ist zurückhaltend.
Die Botschaft von der Erlösung
Erstaunlich ist die Liste der Synchronsprecher in der Originalfassung. Neben Kenneth Branagh als Charles Dickens sind namhafte Hollywoodstars an der Produktion beteiligt. Pierce Brosnan leiht Pontius Pilatus seine Stimme, Mark Hamill übernimmt die Rolle des bösen Königs Herodes und Oscar Isaac die von Jesus Christus. Weiterhin wirken Uma Thurman, Forest Whitaker und Ben Kingsley mit. In den USA ist der Film mit großem Erfolg gestartet.
Inhaltlich bietet „König der Könige“ allerdings keine Superlative. Trotz des ungewöhnlichen Bezuges zur Dickens-Erzählung handelt es sich um ein recht klassisches „faith-based-movie“: eine in geschlossener Form dargebotene Glaubenserzählung mit klaren Handlungsverläufen und eindeutigen Lösungen. Zentrale Passagen der vier Evangelien werden bebildert und nacherzählt. Bereits in der Rahmenhandlung tritt die katechetische Absicht hervor. Dies überrascht angesichts der Macher auch nicht. Der Film wurde von dem südkoreanischen Unternehmen „Mofac Animation“ produziert und von der US-Firma „Angel Studios“ vermarktet, die unter anderem hinter der Serie „The Chosen“ steht.
Um die Botschaft der Erlösung durch Christus auch ganz deutlich zu vermitteln, wechselt die Perspektive des Films im Moment von Jesu Kreuzestod und dem Blick auf den weinenden Walter plötzlich in eine subjektive Sicht. Die Kamera wird damit zum individuellen Blick. Damit sieht man als Zuschauer Jesus analog zum Blinden, dem er die Augen öffnete, man wird wird zum Gelähmten, der aufstehen soll, oder zu Lazarus, dem Jesus befiehlt, aus dem Grab herauszukommen. Auch Walter wird von Jesus ins Licht gehoben. Das nun leere Kreuz erstrahlt im neu anbrechenden Sonnenglanz. Im nächsten Augenblick steht Walter vor dem geöffneten Grab und trifft im warmen Morgenlicht den auferstandenen Jesus. Zurück in London überfällt der überglückliche Junge seinen schlafenden Geschwistern mit der Botschaft des größten Königs. Charles Dickens blickt gemeinsam mit seiner Frau zufrieden auf das Manuskript „Das Leben unseres Herrn Jesus Christus“. Draußen fällt Schnee auf das winterliche London.
Keine Herausforderung
Am Ende seiner Erzählung wünschte sich Dickens, dass jeder Mensch dem Leben und der Lehren Jesu gedenken und entsprechend handeln möge, damit Gott uns „in Frieden leben und sterben lässt.“ Geschrieben hat er diese Worte 1849. In seinen Romanen, etwa „Oliver Twist“ und „David Copperfield“, kann man Dickens’ Kritik an Missständen und sozialen Ungerechtigkeiten bis heute nachlesen. Der Schriftsteller hätte sich sicherlich gefreut, wenn seine Jesuserzählung mehr als eineinhalb Jahrhunderte später in einer veränderten Gegenwart neu zum Sprechen gebracht worden wäre. Mit „König der Könige“ ist daraus aber lediglich eine Gute-Nacht-Geschichte für Kinder geworden, die nett anzuschauen ist und niemanden wirklich herausfordert.