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Filmkritik
Es beginnt mit einer irritierenden Liebesszene in einem Raum, der sich später als Hotelzimmer herausstellen wird: von den Schrifttafeln des Vorspanns "zerhackt", kontrastiert durch Eric Burdons Song über die "Good Times", scheint das Paar, das man vornehmlich in Großaufnahmen ihrer Gesichter sieht, eher mit (oder gegeneinander zu kämpfen; eine furiose Machtprobe, die Folgen haben wird. Dann zieht man sich an, und er sagt: "In zwei Stunden ist da unten Krieg. Das ist unser Tag." Ein Insert informiert über Ort und Zeit: Düsseldorf, 16. Juni 1987, Hotel Nikko, 5.30 Uhr. Die Frau, Jutta, Ehefrau eines Filialleiters der dem Hotel gegenüberliegenden Bank, kehrt nach Hause zurück. Sie wird erst später eingreifen. Der Mann, den die Polizei als Probek identifiziert, installiert seine Arbeitsgeräte: Funk, Abhöranlagen, Dechiffrierapparate, Computerbildschirm. Er baut ein Fernrohr auf, präpariert ein Waffenarsenal. Mit Tagesanbruch beginnt der Coup: Banküberfall mit Geiselnahme, ausgeführt von zwei Komplicen. Die Polizei umstellt das Gebäude, rüstet, ebenfalls im Hotel, ihre Einsatzzentrale mit hochtechnisierten Instrumenten auf. Probek teilt jeden ihrer Schritte seinen Komplicen mit. Immer ist er einen Schritt voraus. Ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel um drei Millionen DM, eine weitere Machtprobe, jetzt zwischen "Bullen" und Gangstern. Allmählich offenbaren sich Hintergründe, Motive und private Geschichten der Beteiligten, die Sand im Präzisionswerk des Verbrechens zu werden drohen. Doch der eiskalte Probek scheint alles im Griff zu haben. Wäre da nicht Jutta, die das Lösegeld abtransportieren soll, aber schon längst ihre eigenen Pläne gemacht hat. Probek muß improvisieren, und das ist tödlich.
Dieser ungemein spannende Kriminalfilm bietet Erstaunliches: In einer Zeit, in der es dem bundesdeutschen Kino-Unterhaltungsfilm entweder an handwerklicher Routine, ästhetischer Sorgfalt oder inhaltlicher Seriösität mangelt (oder an allem), erscheint "Die Katze" gleichsam als Insel in einem Meer von Treibgut. Wie üblich in einem Genrefilm, der keinen Anspruch auf Realität erheben muß, entwickelt Dominik Graf einen atmosphärisch dichten Kino-Realismus, der - natürlich -. an amerikanische, vor allem aber an französische Vorbilder erinnert; dabei verfällt er jedoch nie in die Schwäche des deutschen Films, mit aller Gewalt zitieren (und solche Zitate womöglich noch reflektieren) zu wollen. Allein mit dem Einsatz sorgfältig angewandter filmischer Mittel gelingt es, unmittelbare Spannung zu erzeugen: eine Vielzahl von Einstellungen, dynamisch montiert, Spannungsbögen, die mehrere Szenenkomplexe zusammenschweißen, ökonomisch eingesetzte Handkamera, rasante Schwenks, schließlich mit großer Akribie komponierte Einzelbilder; Personen und Gegenstände, die sich, dramaturgisch begründet, in Glasscheiben spiegeln, kleine Gesten in Momenten höchster Dramatik, etwa wenn Probek gedankenverloren ein Staubkorn vom Okkular seines Fernrohrs pustet, sein Gesicht, das sich im freien Fall aus höchster Höhe in einem Glasdach zu spiegeln scheint, durch das sein Körper im nächsten Augenblick durchschlägt. Ganz versteckt, aber sehr wichtig für die Glaubwürdigkeit dieses Thrillers, auch für jenes Maß an Tragik, das den Zuschauer emotional teilnehmen läßt an Figuren, die im Grunde unsympathisch, gefühlskalt und "kaputt" sind, ganz versteckt fließen Realitätspartikel und sogar so etwas wie eine "Moral" ein: auf der einen Seite ein hochtechnisierter Apparat zur Kommunikation, aber auch zur Überwachung, Bespitzelung und zur Machtausübung, auf der anderen Seite die Beschreibung eines gestörten Gefühlshaushaltes, der weder Mitleid noch Liebe und Zuneigung zuläßt, vielmehr lediglich Berechnung, Gier und Ausnützung kennt, was zur finalen Katastrophe führt. Außergewöhnlich sind nicht zuletzt die Schauspielerleistungen: sachdienliche, um so wirksamere Studien, die sich ins filmische Konzept einordnen.