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Die Wunderübung

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Joana und Valentin Dorek, ein Ehepaar in der Krise. Er ist technischer Leiter in der Flugzeugindustrie, sie Historikerin. Sie haben zwei beinahe erwachsene Kinder. Kennengelernt haben sie sich vor 17 Jahren beim Tauchen, in perfekter, wortloser, stiller Unterwasserharmonie. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Wegen andauernder gegenseitiger Vorwürfe, unendlichen Konfliktthemen, nicht verarbeiteten Kränkungen und lautstarken Streitigkeiten besuchen sie eine Probestunde bei einem Paartherapeuten. Aber zuerst einmal liefern sie sich im Ordinationszimmer vom Therapeuten die schon ewig eintrainierte Zimmerschlacht. Sie hört nicht auf, er hört nicht zu. Die gestörte Kommunikation der beiden bringt den Therapeuten fast an den Rand seiner Kunst, bis sein Handy klingelt und eine überraschende Nachricht im Raum steht, die die Therapiestunde komplett durcheinanderbringt.
Seit vielen Jahren sind die Historikerin Joana (Aglaia Szyszkowitz) und Luftfahrtingenieur Valentin (Devid Striesow) verheiratet, sie haben zwei erwachsene Kinder, doch mittlerweile ist ihre Beziehung am Ende. Einst lernten sich die beiden Streithähne beim gemeinsamen Tauchen kennen, nach der Stille unter Wasser sehnen sie sich mittlerweile tagtäglich zurück. Über Jahre angesammelte Vorwürfe und Kränkungen stehen konstant im Raum, es vergeht kein Tag ohne Konflikt. Eine gemeinsame Sitzung bei einem Paartherapeuten (Jürgen Tarrach) scheint die letzte Möglichkeit zu sein, ihre Ehe zu retten. Doch auch in der Probestunde bei dem Therapeuten scheint die Situation zunächst nur wieder zu eskalieren, als die alten Streitthemen hochkochen und sich die beiden genüsslich gegenseitig durch den emotionalen Fleischwolf drehen. Doch dann erhält der Therapeut einen Anruf, der alles verändert…

Leider gibt es keine Kinos.

„Darf ich Sie zu einer Übung einladen?“ Im Tonfall des Therapeuten, der sich mit seelsorgerischer Betulichkeit tarnt, liegt etwas versteckt Autoritäres, mitunter gar Passiv-Aggressives. Möglicherweise ist das an prominenter Stelle im Ordinationszimmer hängende Gemälde, eine Art Camouflage-Malerei in Blau- und Grüntönen, keine ganz zufällige Wahl. Ein Therapeut und ein krisengebeuteltes Ehepaar sind die Protagonisten von „Die Wunderübung“, einem Dreipersonen-Kammerspiel, das unter der Leitung eines „Spielführers“ eine Duellkonstellation durchspielt. Inszeniert hat den Rede- und Streitmarathon der österreichische Regisseur Michael Kreihsl, der das Theaterstück von Daniel Glattauer im Jahr 2015 bereits in den Wiener Kammerspielen auf die Bühne brachte. Die Historikerin Joana und der Luftfahrtingenieur Valentin Dorek haben sich vor 17 Jahren beim Tauchen kennengelernt und ineinander verliebt. Sie heirateten, bekamen zwei Kinder, hatten Affären und schraubten sich über Fragen fehlender Verantwortung, Vertrauen und Zuwendung in eine Spirale aus Gehässigkeiten und Vorwürfen hinein. Es geht in „Die Wunderübung“ aber weniger um eine zeitspezifische Diagnose der arbeitenden Mittelschicht und ihrer Beziehungsprobleme als vielmehr um die reine Lust am temporeichen Pingpong. „Kompliment! In der Polemik sind sie wirklich ein eingespieltes Team. Sie haben eine lebendige Streitkultur auf hohem Niveau“, attestiert der Therapeut mit unverhohlenem Sarkasmus. Man kann unterschiedlicher Meinung sein, wie witzig der verbale Schlagabtausch zwischen Frau und Herrn Dorek wirklich ist. Allerdings schießt sich der Dialog sehr schematisch auf ein bestimmtes Register bissiger Zickigkeit ein, das weder Raum für höhere Eskalationsstufen lässt, noch Platz hat für Zwischentöne und Nuancen, auch wenn es Devid Striesow durchaus gelingt, mit seinem differenzierten Spiel anderen Tonalitäten Raum zu geben. Ein wenig vorhersehbar entwickelt sich auch ein durch einen Telefonanruf ausgelöster Richtungswechsel innerhalb der Figurendynamik. Aufgelockert wird das Dauergezanke durch verschiedene Übungen, zu denen der nur „Herr Magister“ genannte Therapeut das Paar jeweils „einlädt“. Der Psychologe nutzt die Meditationsübungen, um zwischendrin unbemerkt an seinem Joghurt zu naschen oder sich ein Bonbon aus der Schublade zu holen. Auch die Situationskomik des Films bewegt sich in einem klar umrissenen Spielfeld. Die Bildgestaltung ist, für ein Kammerspiel weniger naheliegend, das aufregendste Element des Films. Die extrem präzise Kamera von Wolfgang Thaler strukturiert das Breitwandbild in meist frontalen Einstellungen, die die Distanz zwischen dem Paar unmittelbar ins Bild setzen. Und die stringente Anordnung von Schnitt/Gegenschnitt unterstreicht wiederum den Aspekt des Duells. In diesem glasklaren Rahmen treten die Schwächen des Dialogs aber umso unbarmherziger hervor.

Veröffentlicht auf filmdienst.deDie WunderübungVon: Esther Buss (11.11.2025)
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