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Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Vielleicht könnte man die zum Fest wiedervereinten Familien als den „Gruselschocker“ des Weihnachtsfilm-Genres bezeichnen. In Vorfreude auf die kommenden Festtage kuschelt man sich als Zuschauer in den Kinosessel, während die Heilige Nacht auf der Leinwand für alle Beteiligten zum Höllenritt wird. Dabei muss gar kein Missbrauchsfall wie in „Das Fest“ (fd 33 486) von Thomas Vinterberg vorliegen. Und nicht jeder Nadelbaum muss derart effektvoll abbrennen wie in „Schöne Bescherung“ (fd 28 673). Es genügen schwelende Kränkungen und Ressentiments, um sich so richtig in die Wolle zu bekommen. Eine schöne Bescherung, im doppelten Wortsinn also, kommt die emotionale Schlachtplatte doch meist in Gestalt einer Komödie daher. So auch in „Eine schöne Bescherung“ von Helena Bergström, und zwar als genau die Grabenkämpfe, die gerade mal wieder erbittert zwischen jung und alt, erzkonservativ-besorgt und liberal-optimistisch ausgefochten werden, vom skrupellosen Missbrauch durch Rechtspopulisten ganz zu schweigen. Wahrscheinlich könnte auch Ulf zu den Schlagworten „Einwanderung“, „Europa“ und „Familienpolitik“ ein paar Wörtchen beisteuern. Beim ersten Weihnachtsfest im Hause seines schwulen Sohns Oscar versteift sich der Staatsanwalt aber aus naheliegenden Gründen lieber auf private Affronts, auch wenn man die Weihnachtsfeier gar nicht konventioneller angehen könnte, als Oscar und sein Lebenspartner Simon das tun. Ulf ist dennoch alles ein Dorn im Auge, sobald er mit seiner um Vermittlung bemühten Ehefrau Monica, Tochter Sofia sowie Enkel und Großmutter im frisch gekauften Eigentumshaus des Sohnes auftaucht. Jeder Riss, jedes Grummeln der Wärmepumpe wird zum Quell sich steigernder Sorgen, zumal als die anderen Gäste eintreffen. So entpuppt sich die hochschwangere Cissi als gleichberechtigte Miteigentümerin; Simons geschiedene Eltern bestehen aus dem griechisch-stämmigen Vater Millitiadis, der Ulf und Monica kurz zuvor noch als Reinigungskraft im Hotel zur Hand ging, sowie der aufgetakelten Mutter Carina, die mit ihrem 20 Jahre jüngeren Liebhaber, dem Muslim Rami, aufkreuzt. Ulf wird es ob all der liberalen Beziehungsmuster langsam zu bunt, als sich Cissis Schwangerschaft auch noch als das entpuppt, was die Zuschauer längst ahnen: Väter ihres ungeborenen Kindes sind Oscar und Simon – in Ulfs Augen eine justiziable Apokalypse, sollte Cissi denn mal einen richtigen Mann kennenlernen. Schocknachrichten werden ausgepackt und präsentiert, ganz wie die Geschenke unterm Christbaum, der im Hintergrund friedlich vor sich hin funkelt. Die Alten drohen alles zu zerstören, was sich die Jungen aufgebaut haben, aus Angst und einem tief verwurzelten Wertekonservativismus. Das ist politisch alles korrekt und dank des obligatorischen Happy Ends recht erbaulich, erscheint in seiner Anhäufung „liberaler Auswüchse“ aber auch etwas abstrus, während die Spitzen gegen die überkommenen Weihnachtsbräuche hingegen nicht sitzen. „Eine schöne Bescherung“ bricht an keiner Stelle aus den Grenzen des Konzeptfilms aus und inszeniert lieber all die Dramen, die das bürgerliche Leben so bereithalten kann: Cissi, die ihre Mutter per Handy nicht erreicht, sehnt sich nach einer liebevollen Familie. Sofia taucht nicht von ungefähr ohne Ehemann auf. Und Millitiades ist „nicht nur“ Reinigungskraft, sondern hat früher als Lehrer gearbeitet. Gewagt wird hier nichts, wenn sich alles in den Wohlfühl-Bahnen des Common Sense bewegt. So bleibt in der Verbrüderung aller gegen die Intoleranz von Ulf, der sich wie eine Axt im Weihnachtswald aufführt, schließlich alles beim Alten. Sonderlich überraschend oder witzig ist das nicht.
