
- Veröffentlichung26.06.2025
- RegieMika Kaurismäki
- ProduktionDeutschland (2025)
- GenreDokumentarfilm
Vorstellungen
Filmkritik
Auf dem Papier liest sich das Projekt der Monheim Triennale wirklich spektakulär: 16 handverlesene Musiker:innen von Weltformat treffen sich in drei aufeinander folgenden Jahren in der kleinen Stadt am Rhein, um ein paar Tage miteinander zu improvisieren. Ohne Vorgaben, ohne Plan, aber vor einem interessierten Publikum, das sich von dem kreativen Ausnahmezustand inspirieren lassen soll. Hinzufügen muss man allerdings, dass die Abfolge des Festivals in die Teile „The Prequel“, „The Festival“ und „The Sequel“ erst als „work in progress“ entstanden ist – als Reaktion auf die Corona-Pandemie, die den Start des Projekts verzögert hatte. Die entspannte Kennenlern-Qualität des abgespeckten Festivals im Jahr 2021 wurde dann als „The Prequel“ geadelt.
Neugier, Austausch, Stimmungen
Als 2024 das nächste „Prequel“ für die Monheim Triennale II anstand, wurde als 17. Künstler der Filmemacher Mika Kaurismäki eingeladen, um das Geschehen vor Ort zu dokumentieren. Mit „Every Note You Play“ liegt jetzt das Ergebnis vor, das im Kino auch auf das im Juli 2025 startende Festival neugierig machen soll. Dann kehren die sogenannten „Signature Artists“ des Prequels nach Monheim zurück, um Projekte, die sich aus den Begegnungen ein Jahr zuvor ergeben haben, oder auch andere, vielleicht schon ältere Projekte vorzustellen. Insgesamt werden an die 100 Musiker:innen in Monheim erwartet.
Mika Kaurismäki und sein Team waren 2024 insgesamt fünf Tage vor Ort, um Begegnungen am Rande der ersten Kurzkonzerte zu dokumentieren und Impressionen von Neugier, Austausch, Stimmungen und Enthusiasmus einzusammeln. Mit Musiker:innen wie Oren Ambarchi, Shannon Barnett, Peter Evans, Heiner Goebbels, Darius Jones oder Terre Thaemlitz waren im Programm durchaus sehr bekannte Namen zu finden, während die im Film sehr prominent vorgestellten yuniya edi kwon oder Brighde Chaimbeul eher Entdeckungen sind. Aber vielleicht ist das auch nur eine Frage der Perspektive. In Monheim trifft sich jedenfalls eine Gruppe unterschiedlicher, durch die Bank hochprofessioneller und avancierter Musiker:innen, die improvisieren und im Kollektiv Klangräume jenseits des Mainstreams schaffen.
Übergroße Egos, die integriert werden müssten, tauchen im Film nicht auf. Die Künstler geben sich entspannt. Als eine Art bestens gelaunter Festival-Scout führt der Multiinstrumentalist Shahzad Ismaily durch den Film. Das Filmteam folgt einigen der Musiker:innen auch in die Stadt, wo es zu Begegnungen mit den Menschen abseits der Festival-Location kommt.
Eine documenta der Gegenwartsmusik
Dies führt auch zum Themenfeld der kommunalen Kulturpolitik in der 40.000-Einwohnerstadt, die aufgrund eines niedrigen Gewerbesteuerhebesatzes lange als reichste Gemeinde Nordrhein-Westfalens galt. Als die Stadt den langjährigen Leiter des Moers Festivals, Rainer Michalke, anfragte, ob er in Monheim ein Jazzfestival auf die Beine stellen könne, lehnte der mit dem Hinweis ab, dass es bereits genügend Jazzfestivals gebe und der Jazz ohnehin die Musik des vergangenen Jahrhunderts sei. Stattdessen entwickelte Michalke die Idee der Triennale, eine Art Documenta für Gegenwartsmusik ohne Genregrenzen oder andere Festlegungen. Interdisziplinär und im besten Sinne forschend, mit Nähe zum Publikum. Der explizite Laborcharakter kam später noch als Glücksfall hinzu.
Ob sich ein derart anspruchsvolles Konzept, das auf musikalische Qualität statt auf die ganz großen Namen aus Pop und Jazz setzt, über einen längeren Zeitraum etabliert, bleibt abzuwarten. Zumal diese Utopie aktuell vielleicht schon wieder terminiert ist. Denn mittlerweile ist die Stadt Monheim aus unterschiedlichen Gründen hoch verschuldet. Zur Kommunalwahl im Herbst 2025 tritt der immer noch sehr junge Bürgermeister der Stadt Daniel Zimmermann (Peto-Partei), der auch im Film mehrere Kurzauftritte hat, nach drei Amtszeiten nicht mehr an. Über die Zukunft der Triennale wird dann wohl im Herbst 2025 beraten werden.
Die Kraft der Musik
Solche kommunalpolitischen Themen spielen in „Every Note You Play“ aber auch deshalb keine Rolle, weil Konzept und Umsetzung im Film in mehrfacher Hinsicht ambitioniert gepriesen werden. Auch weil mit einem Festival wie der Triennale an einem Ort wie Monheim eigentlich nicht zu rechnen ist, sondern als Glücksfall gelten muss. Was man auch daran sieht, wie die Musiker:innen nach der Ankunft zu realisieren versuchen, wo und wozu sie hier sind: in Monheim am Rhein.