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Honey Bunch

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Wie sehr können wir den Bildern vertrauen, die wir sehen? Als Lucas bei einem Zoom-Call Lynn ein Video eines schockierenden Todesfalls vorspielt und dabei in Trance fällt, glaubt sie zunächst an einen weiteren Stunt ihres unlängst bei YouTube viral gegangenen Bruders. Doch er ist nicht der Einzige, der so auf Aufzeichnungen aus ihrer Heimatstadt reagiert. Und keiner der Betroffenen kann sich danach daran erinnern. Was geht in Larkin, Texas, vor sich? Welche Geheimnisse fangen die Kameras ein – und welche finstere Macht verhindert ihre Entschlüsselung?
  • Veröffentlichung10.09.2025
  • Madeleine Sims-Fewer, Dusty Mancinelli
  • Kanada (2025)
  • 113 Minuten
  • Drama
  • FSK 18
  • 6.0/10 (136) Stimmen

Leider gibt es keine Kinos.

„Honey Bunch“ beginnt mit der innigen Verbundenheit eines Paares. Weil Diana (Grace Glowicki) nach einem schweren Unfall noch sehr wackelig auf den Beinen ist, trägt sie ihr Gatte Homer (Ben Petrie) heldenhaft ins Meer. Während er sie sanft durchs Wasser zieht und stets darauf bedacht ist, sie nicht untergehen zu lassen, sieht man Dianas tiefenentspannten Blick. Die beiden verbindet eine aufgeregte, fast kindliche Verliebtheit. Sie werfen sich verlegene Blicke zu, geben sich verniedlichende Kosenamen und beteuern, dass sie selbst dann, wenn der andere einmal alt und hässlich werden sollte, noch immer füreinander da sein werden.

Das kanadische Regie-Duo Dusty Mancinelli und Madeleine Sims-Fewer stellt diese Intimität jedoch bald in Frage. Diana zieht mit Homer wenig später in ein abgelegenes Sanatorium, um sich von den Folgen des Unfalls zu erholen. Noch immer leidet sie unter Schmerzen und hat zahlreiche Gedächtnislücken. In dem schlossähnlichen Haus mit seinen staubigen Antiquitäten und altertümlichen medizinischen Geräten aber scheint etwas nicht zu stimmen.

Rätselhafte Szenen aus der Vergangenheit

Homer und die eigenwillige Pflegerin Farrah (Kate Dickie) lächeln Diana unaufhörlich beruhigend zu. Doch der Patientin wird immer mulmiger. Hinter ihrem Rücken werden verschwörerische Gespräche geführt; jede Nacht verschwindet Gene aus ungeklärten Gründen aus dem Schlafzimmer. Diana wird überdies von verstörenden Träumen und Visionen geplagt, in denen ihr rätselhafte Szenen aus der Vergangenheit des Sanatoriums erscheinen. 

In dieser mysteriösen Phase der Unwissenheit fühlt sich „Honey Bunch“ spürbar wohl. Statt auf Schockeffekte zu setzen, entwickelt der Film mit seiner gemächlichen Erzählweise, die immer wieder von irritierenden Momenten gestört wird, eine traumhafte, psychedelische Atmosphäre. Die in den 1970er-Jahren angesiedelte Geschichte spielt mit der damaligen Ästhetik des Gruselkinos. Mal beschwört der Film eine klassische Gothic-Horror-Stimmung herauf, während Diana heimlich die verwinkelten Zimmer des Hauses erforscht. Mal gleitet die Kamera mit langsamen Zooms über die pastellgrüne, verwunschen wirkende Landschaft, in der irgendwo ein Geheimnis lauert.

Dann erscheint Diana plötzlich eine geheimnisvolle Gestalt, die sie vom Dachzimmerfenster beobachtet. Ob die Protagonistin Geister heimsuchen, ob sie von verdrängten Erinnerungen gequält wird oder der notorisch freundliche Homer gar etwas Böses im Schilde führt, lässt die Inszenierung lange im Unklaren. Dianas Wissen ist so lückenhaft wie das des Zuschauers. Durch ihre Ohnmacht wird das Sanatorium für Diana immer beklemmender. Bald bekommt sie Gesellschaft: Ein Vater bringt seine Tochter zur Therapie. Doch auch hier scheint es, als wüsste der Begleiter mehr über die Institution als die junge Frau.

Ängste und Abgründe

„Honey Bunch“ fokussiert ganz auf Dianas Perspektive und zeigt, wie ihr anfängliches Vertrauen zunehmend in Skepsis und Angst umschlägt; bis sie schließlich die Flucht ergreifen will. Figuren, die unwissend Teil eines finsteren Plans werden, sind ein beliebtes Motiv im Horrorkino. Man glaubt deshalb auch zu ahnen, in welche Richtungen sich der Film entwickeln könnte. Doch der Twist, der dann kommt, ist durchaus überraschend und originell.

„Honey Bunch“ handelt von Ängsten und psychischen Abgründen, bleibt dabei aber durch und durch romantisch. Wie die fürsorgliche Eröffnungsszene kreist der Film um die Frage, wie viel man für einen anderen Menschen in Kauf nehmen würde. Ankreiden könnte man den Regisseuren, dass sie mit der Enthüllung das Reich des Unheimlichen verlassen. Nach dem Twist lässt die Spannung schnell nach; die Handlung bewegt sich dann in dramatischere Gefilde mit grotesken Ausreißern. Als Zuschauer fühlt man sich dabei ein bisschen hingehalten und auf die falsche Fährte gelockt. Doch seine Geschichte über Liebe und Vertrauen bringt „Honey Bunch“ damit konsequent zu Ende.

Veröffentlicht auf filmdienst.deHoney BunchVon: Michael Kienzl (28.1.2026)
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