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Filmkritik
Ellen Taylor (Diane Lane) und ihr Mann Paul (Kyle Chandler) feiern in Washington, D.C., ihren 25. Hochzeitstag mit einem großen Gartenfest in ihrem Haus am Potomac-Fluss. Ellen arbeitet als Professorin an der Georgetown University, während Paul als Sternekoch ein lukratives Restaurant betreibt. Sie haben vier Kinder: Die Älteste, Anna (Madeline Brewer), ist eine erfolgreiche queere Stand-up-Komödiantin, Cynthia (Zoey Deutch) arbeitet als zielstrebige Umweltanwältin, der schüchterne Josh (Dylan O’Brien) versucht sich erfolglos als Schriftsteller, und das Nesthäkchen, die sensible Birdie (Mckenna Grace), begeistert sich für Biologie.
Anleitung zur Rebellion
Die Taylors wirken wie eine Bilderbuchfamilie. Bis Josh bei der Geburtstagsfeier seine neue Freundin Liz Nettles (Phoebe Dynevor) präsentiert. Ellen erkennt in der seltsam kühlen Liz eine ehemalige Studentin, die vor Jahren eine Hausarbeit mit radikalen, antidemokratischen Thesen in ihrem Seminar eingereicht hat. Die Professorin sorgte damals dafür, dass die provokante Studentin die Hochschule verlassen musste. Jetzt überspielt Ellen ihren Verdruss, spürt aber die Kampfansage von Liz – zu Recht, da die Aktivistin eben ein Buch mit dem Titel „The Change“ veröffentlicht hat, das sie als „Anleitung für eine neue Weltordnung“ bezeichnet. Es propagiert eine Ein-Parteien-Herrschaft und wird von dem mächtigen Konzern Cumberland publiziert.
In fünf Kapiteln, die sich über fünf Jahre hin erstrecken, schildert der Film, wie die autoritäre Bewegung das Land erobert und Andersdenkende verfolgt und demokratische Strukturen ausgehebelt werden. Liz und Josh werden reich, während Ellen ihre Arbeit verliert und ihr Mann sein Restaurant. Die Feier von Pauls 60. Geburtstag wird zum Fanal: Anna wird bei einem Stand-up-Auftritt auf der Bühne angegriffen und taucht unter. Und Cynthias Ehe scheitert, weil sie eine Schwangerschaft gegen den Willen ihres Mannes beendet hat. Unter dem wachsenden politischen Druck zerbricht die Familie Taylor.
Eine trügerische Idylle
Es ist ein düsterer, pessimistischer Blick, den der polnische Regisseur Jan Komasa in seinem ersten englischsprachigen Spielfilm in die nahe Zukunft wirft. Mit scharfsinniger Präzision schildern er und seine Co-Autorin Lori Rosene-Gambino am Beispiel einer Akademikerfamilie, wie es einer faschistoiden Bewegung schrittweise gelingt, große Teile der Bevölkerung unter ihren Einfluss zu bringen und ein demokratisches System aus den Angeln zu heben. Auf der visuellen Ebene manifestiert sich der Machtwechsel in einer modifizierten US-Fahne, die mehrfach symbolkräftig ins Bild gerückt wird: Statt oben links prangt das blau grundierte Sternenfeld in der Mitte der Fahne.
Der Kameramann Piotr Sobociński jr. hält das wohlhabende Akademikermilieu in eleganten Bildkompositionen fest, die sich aber schnell als trügerisch erweisen, sobald die scheinbare Idylle erste Risse bekommt. Die „The Change“-Bewegung, die vom machthungrigen Cumberland-Konzern vorangetrieben wird, verweist unübersehbar auf rechtsradikale Parteien oder neonazistische Strömungen, die sich in jüngerer Zeit in westlichen Ländern ausbreiten.
Im Fokus des Films stehen allerdings nicht die extremistische Ideologie und der Prozess der Machtergreifung, sondern deren Auswirkungen auf einen Familienverband, dessen Widerstand schrittweise erlahmt und in einem Fiasko mündet. Das erschütternde Schicksal der Familie bildet den emotionalen Kern der dystopischen Narration, wobei der dystopische Anteil keinen so breiten Raum einnimmt wie in vergleichbaren Filmen wie „New Order - Die neue Weltordnung" (2020) oder der Serie „The Handmaid’s Tale - Der Report der Magd“ (2017-2025).
Mit brutaler Wucht
Die Schwerpunktsetzung von „The Change“ bedingt eine gewisse Oberflächlichkeit in der Gesellschaftskritik, da die Beschreibung der politischen Krisen im Diffusen verharrt. Man erfährt kaum etwas darüber, wie es den radikalen Kräften gelingt, sich mit ihren Parolen in den Köpfen der Bevölkerung einzunisten oder mit welchen Mitteln die Bewegung ihre totalitäre Herrschaft errichtet. Die Stationen-Dramaturgie wirkt mit ihren im Jahrestakt angeordneten Zeitebenen zudem thesenhaft und ausrechenbar.
Im dritten Akt zieht Komasa die Spannungsschraube an. Die systematische Unterdrückung steuert auf einen tragischen Höhepunkt zu, als zwei gerissene Beamtinnen die Eheleute Taylor bei einer angeblichen Volkszählung ausfragen, was sich allerdings als purer Vorwand für eine handfeste Erpressung entpuppt. Danach entladen sich die aufgestauten Konflikte in einer Abfolge blutiger Gewalttaten. Dass die latente Bedrohung durch „The Change“ irgendwann ins Verderben kippen würde, war durchaus absehbar; doch die Wucht der katastrophalen Zuspitzung verschlägt einem den Atem.
Die ambitionierte ideologiekritische Parabel versammelt ein spielfreudiges Ensemble, in dem neben Diane Lane und Kyle Chandler auch jüngere Kräfte bemerkenswerte Akzente setzen. Vor allem überzeugen Phoebe Dynevor als ebenso schillernde wie ambivalente Machtfigur Liz, die in einer Schlüsselszene überraschend humane Regungen offenbart, sowie Mckenna Grace als aktivistische Teenagerin Birdie, die mit ihrem Engagement für eine bessere Welt eine rote Linie überschreitet.




