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Lake Michigan Monster

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Szenebild von Lake Michigan Monster 1
Szenebild von Lake Michigan Monster 2
Ein exzentrischer Schiffskapitän stellt eine bunt zusammengewürfelte Crew zusammen, um sich an dem Seeungeheuer zu rächen, das im Lake Michigan lauert und seinen Vater getötet hat.

Leider gibt es keine Kinos.

Unter der glänzenden Oberfläche des Lake Michigan lauert etwas – lautlos, blitzschnell, tödlich! Der alkoholsüchtige Captain Seafield (Ryland Brickson Cole Tews) kennt dieses namenlose Grauen, denn einst verschleppte es seinen Vater in die pechschwarze Tiefe. Mithilfe eines Teams handverlesener Spezialisten macht er Jagd auf das Monster – nichtsahnend, welches erschütternde Geheimnis unter der spiegelnden Wasseroberfläche versteckt liegt.

Hommage an den fantastischen Film

Das Duo Ryland Brickson Cole Tews und Mike Cheslik ist aktuell in aller Munde. Mit seinem zweitem gemeinsamen Langfilm „Hundreds of Beavers“ im Stile einer überdrehten Slapstickparade in stummem Schwarz-weiß lieferten die beiden wohl die überraschendste Komödie der letzten Jahre ab. Charlie Chaplin, Buster Keaton, The Three Stooges: Ihre Stummfilm-Inspirationen versuchten sie erst gar nicht zu verstecken und nutzten die Vorbilder für eigene kreativ-komische Höhenflüge – angenehm erfrischend in einer Zeit, in der die Filmkomödie in einer ermüdenden Spirale satirisch überspitzten und lauten Dialogwitzes gefangen scheint.

Wer „Beavers“ gesehen hat, fragte sich direkt nach dem Abspann: Gibt es noch mehr von Cole Tews und Cheslik? Die Antwort lautet: Ja! „Lake Michigan Monster“, ihr erster gemeinsamer Film aus dem Jahr 2018, der nun im Fahrwasser von „Beavers“ endlich eine deutsche Veröffentlichung bekommt, baut sich als augenzwinkernde Hommage an den fantastischen B-Film des 20. Jahrhunderts auf. Elemente wie die Egoperspektive, wenn das Monster mit ausgestreckten, schuppigen Klauen auf seine Opfer zustakst, erinnern zweifelsohne an Jack Arnolds Universal Monster-Klassiker „Der Schrecken vom Amazonas“. Für Kenner billig-charmanter Abklatschkopien wie „Die Insel der neuen Monster“, „Humanoids from the Deep“ oder „Slithis“ entwickelt „Lake Michigan Monster“ neben der Optik etwa durch seine absurden Wendungen noch zusätzliche Anreize.

Gaga-Dialoge à la Monty Python

Die Heldentruppe bedient gekonnt jedes bekannte Science-Fiction-Klischee des damaligen Drive-In-Kinos. Captain Seafield ist ein exzentrischer Trunkenbold, der stets eine pathetische Seefahrerweisheit auf den whiskygetränkten Lippen trägt. Sein Team besteht aus dem ehemaligen Navy-Offizier Dick Flynn (Daniel Long), der Sonar-Operatorin Nedge Pepsi (Beulah Peters) und dem Waffenexperten Sean Shaughnessy (Erick West) – dessen Name durch Seafields inflationären Gebrauch den Zuschauer noch eine ganze Weile heimsuchen wird.

Die gesamte Produktion trägt den Stempel „Family and Friends“. Denn Cole Tews standen damals nur 7000 US-Dollar zur Verfügung, die er sich vom Trinkgeld als Pizzalieferant abgespart hatte. So mussten enge Freunde und Familienmitglieder herhalten und die fehlende Professionalität mit Leidenschaft ausgeglichen werden. Und tatsächlich funktioniert der Blödel-Heldentrupp auch ohne Schauspielexpertise aufgrund einer einfachen Formel: Captain Seafield liefert die sinnbefreiten Witzvorlagen, während sein Team diese mit rational-genervten Kontern bricht. Nicht jeder platzierte Witz zündet, doch in der Flut an Gaga-Humor im Monty-Python-Stil findet wohl jeder Zuschauer seine persönlichen Schmunzler.

No-Budget-Effektgewitter, das begeistert

Cole Tews und sein Effektspezialist Cheslik beweisen bereits in diesem No-Budget-Film ihre herausragende Kreativität. Neben absurden Kameraeinstellungen mit theatralischem Taschenlampenlicht, mit denen sich einst Ed Wood oder Sam Raimi einen Namen machten, feuern die beiden bei den visuellen Effekten aus allen Rohren. Wenn die Crew ihren Captain als einfachen Museumsbetreiber enttarnt und er, verlassen und betrunken, mit einem Langschwert selbst zur Monsterhöhle hinabtaucht, blitzen bereits die im vier Jahre später folgenden „Hundreds of Beavers“ perfektionierten Effektspielereien vor dem Greenscreen auf.

Zwar büßt der Film im Mittelteil durch ausufernde Dialoge an Dynamik ein, doch dreht Cole Tews im letzten Filmdrittel noch einmal kräftig an der Action-Schraube und entfesselt ein wahres Effektgewitter – inklusive einer Geisterarmee, wilder Unterwasserkämpfe und Videospiel-Verwandlungsszenen. Cole Tews beweist mit seinem Erstlingswerk „Lake Michigan Monster“ zwei Dinge. Erstens: Er beherrscht sowohl den gesprochenen als auch den stummen Witz. Und zweitens: Er versteht es, sich vor anderen Künstlern zu verneigen, ohne die eigene kreative Identität einzubüßen.

Veröffentlicht auf filmdienst.deLake Michigan MonsterVon: Steffen Buchmann (15.11.2025)
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