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Monk in Pieces

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Meredith Monk - Komponistin, Performerin und interdisziplinäre Künstlerin - ist eine der großen künstlerischen Pioniere unserer Zeit, doch ihr tiefgreifender kultureller Einfluss ist weitgehend unerkannt geblieben. Mit Monks Musik im Mittelpunkt und Interviews mit Björk und David Byrne ist Monk in Pieces ein Mosaik, das die Struktur von Monks eigenem Werk widerspiegelt und ihr äußerst originelles Vokabular an Klängen und Bildern beleuchtet. Als Künstlerin in der von Männern dominierten Downtown-Kunstszene der 1960er und 70er Jahre musste Monk um Anerkennung und Ressourcen kämpfen. Die ersten Kritiken in der New York Times waren bösartig und sexistisch: „A disgrace to the name of dancing“ schrieb Clive Barnes und "so earnestly strange in a talented little-girl way” schrieb John Rockwell. Doch wie ihr gefeierter Zeitgenosse Philip Glass sagt „war und ist sie unter uns allen die einzig Begabte“. In den letzten Kapiteln des Films stellt sich Monk der Sterblichkeit. Wir sehen, wie sie ihr Meisterwerk ATLAS dem Regisseur Yuval Sharon und der Sängerin Joanna Lynn-Jacobs für eine Neuinszenierung in der Philharmonie von Los Angeles anvertraut. 60 Jahre lang hat Monk bei all ihren Musiktheaterwerken Regie geführt und mitgespielt; jetzt muss sie lernen, loszulassen. Was wird mit dieser einzigartigen Arbeit geschehen, wenn sie nicht mehr ist?
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Der Musiker David Byrne erzählt, wie ihn die Kompositionen von Meredith Monk zu einer Erkenntnis brachten: Texte sind in Liedern letztlich nur eine Ausdrucksmöglichkeit unter vielen. Wer geschickt mit Melodie, Rhythmus, Harmonie und Klangfarbe arbeitet, braucht eigentlich gar keine Worte. Das trifft auf die meisten Stücke der New Yorker Musikerin, Choreographin und Regisseurin Monk zu, weil der Gesang dort zwar eine zentrale Rolle einnimmt, man als Zuhörer aber zumindest im herkömmlichen Sinn wenig versteht.

Oft bestehen die Kompositionen nur aus sehr simplen, sich stetig wiederholenden Tonfolgen, während die Stimme in einen mitunter oktavenübergreifenden Singsang verfällt, der an Babysprache oder Tierlaute erinnert. Treffend heißt es im Dokumentarfilm „Monk in Pieces“ einmal, die Musik von Meredith Monk sei in ihrer Unvergleichlichkeit zwar avantgardistisch, durch ihre assoziationsreiche, keinerlei Vorwissen benötigende Einfachheit aber auch äußerst zugänglich.

Ein reichhaltiges Porträt von Klang- und Bühnenwelt

Die Regisseure David C. Roberts und Billy Shebar widmen sich der Klang- und Bühnenwelt Monks wie auch den ihnen vorausgehenden Ideen und Probenprozessen anschaulich und nuancenreich. Da ein größerer erzählerischerer Bogen diese eigenwillige Musikerin nur wie ein Korsett einengen würde, setzt „Monk in Pieces“ auf fragmentarische Kapitel, die letztlich zwar ein sehr reichhaltiges, aber eben kein erschöpfendes Porträt ergeben. Interviews mit Weggefährten, in denen sich Dokumentationen über Künstler einer vergangenen Ära häufig verlieren, machen hier lediglich einen kleinen Teil aus.

Stattdessen gibt es große Mengen an vielfältigem und klug eingesetztem Archivmaterial, das Einblicke in das von ungebrochener Kreativität und Experimentiergeist geprägte New York der 1970er- und 1980er-Jahre gewährt und dabei Monks bekannteste Songs und Inszenierungen unterbringt, ohne in lieblos chronologische Aufzählerei zu verfallen.

Faszinierend an Monks Bühnenwerken und Filmen ist, wie gut ihre nonverbale und lautmalerische Erzählweise funktioniert. „Quarry“ (1976) handelt etwa von den Folgen des Holocausts, „Ellis Island“ (1981) von der Ankunft osteuropäischer Migranten in New York und „Book of Days“ (1988) von der Pest-Paranoia im Mittelalter, die hier jedoch vor allem als Kommentar auf die AIDS-Krise zu verstehen ist.

Luftig, naiv und verspielt

Selbst wenn die Themen bleischwer sind, bewahrt sich Monks Stil in diesen historisch stilisierten Settings seinen luftigen, naiven und verspielten Charakter. Klang und Bewegung wirken dabei wie aus einem Guss, so als würden die hypnotischen Melodien die Körper mit ihren bedächtig minimalistischen Gesten in Schwing versetzen.

Während „Monk in Pieces“ die Vergangenheit Revue passieren lässt, wirft er Schlaglichter auf unterschiedliche Aspekte in Monks Leben und Schaffen. Die künstlerisch fruchtbare Beziehung zum Choreographen Ping Chong wird ebenso behandelt wie das angespannte Verhältnis zur Mutter; einer professionellen Sängerin, die auch Werbejingles vertonte. Außerdem geht es um das Verhältnis zur Tänzerin Mieke van Hoek, die 2002 verstarb, um den Einfluss auf jüngere Künstler wie Björk, die den Song „Gotham Lullaby“ in Gedenken an die Opfer des 11. Septembers coverte, sowie um Monks ambitioniertestes Projekt, dessen abenteuerliche Entstehung der Film nachzeichnet: die Oper „Atlas“ (1991).

„Monk in Pieces“ bleibt konsequent lebendig, weil er sich kreativ immer wieder aufs Neue selbst befeuert. Statt lediglich nachzuerzählen, kreisen die verschiedenen Fragmente jeweils um einen anderen visuellen Einfall. Mal wird ein surrealer Traum der Musikerin mit einem kleinen Animationsfilm illustriert, der wie eine Inszenierung Monks aussieht, dann entwirft der Film in Kacheln eine Collage mit Interviews aus unterschiedlichen Jahrzehnten, in denen die Künstlerin jedes Mal bei demselben Gedanken landet; jedoch immer leicht variiert und so, als hätte sie diese Erkenntnis gerade zum ersten Mal.

Der Blick auf die Musik hat sich verändert

Auch sonst verbindet die dynamische Montage des Films regelmäßig verschiedene Zeiten. Etwa, wenn Monk in der Gegenwart mit einer jungen Tänzerin eines ihrer Stücke probt. Die Musik ist über die Jahrzehnte im Kern die gleiche geblieben, es ist eher der Blick auf sie, der sich verändert hat. Musste Monk früher noch verdutzten TV-Moderatoren ihre Arbeit erklären oder wurde von süffisanten Kritikern belächelt, wurde sie 2015 im Weißen Haus mit der „National Medal of Arts“ ausgezeichnet.

Veröffentlicht auf filmdienst.deMonk in PiecesVon: Michael Kienzl (13.8.2025)
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