









- Veröffentlichung09.12.2010
- RegieDean Wellins
- ProduktionsländerVereinigte Staaten
- Dauer101 Minuten
- GenreZeichentrick
- Cast
- AltersfreigabeFSK 0
- IMDb Rating7/10 (371605) Stimmen
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Jeder hat einen Traum und soll danach streben dürfen, diesen zu verwirklichen! Mit dieser ebenso simplen wie uramerikanischen Weisheit gelingt es dem Disney-Rapunzel, sich und seinen Begleiter aus einer Räuberspelunke heraus zu pauken: Das (gesungene) Bekenntnis der blonden Schönen zum eigenen Lebenstraum rührt die grimmigen Banditen; es erinnert sie an ihre eigenen verdrängten Sehnsüchte, die nicht der Mordbrennerei gelten, sondern friedlicheren Aktivitäten wie dem Klavierspielen, der Produktion putziger Ton-Einhörner oder – natürlich – der Liebe. So etwas wie ein liebevoll-lustiges Bekenntnis zu den Träumen von einst ist auch Disneys „Rapunzel“-Variation: Sie kommt zwar, ganz „State of the Art“, in 3D ins Kino und spielt auch ganz nett mit den dadurch eröffneten Möglichkeiten der Rauminszenierung, doch darüber hinaus ist der Film ein geradezu klassischer „Disney“ à la „Die Schöne und das Biest“ (fd 29 927), der in Anlehnung an einen bekannten Märchenstoff in Zeichentrick-Optik gestaltet, nostalgisch-pittoreske Fabel-Landschaften, gewitzte Charaktere, mitreißende Musiknummern, Humor und hemmungslose Romantik zum vorweihnachtlichen Cocktail verbindet. Nach „Küss den Frosch“ (fd 39 614), wo es der weiblichen Hauptfigur oblag, den Prinzen von einem Fluch zu befreien, ist es nun wieder, wie in „Cinderella“ (fd 26 265), das Mädchen, das erlöst werden muss. Die Macher haben sich aber nichtsdestotrotz bemüht, die Heldin jenseits ihrer großäugigen Blondie-Niedlichkeit als starke Frauenfigur zu charakterisieren, die ihre Naivität durch einen festen Willen und erstaunliche Schlagkräftigkeit wettmacht: Mit einer geschickt geschwungenen Bratpfanne richtet Rapunzel mehr Verheerung an als mancher Recke mit dem Schwert. Vom Märchen der Gebrüder Grimm bleiben nur einzelne Motive, aus denen ein relativ eigenständiger Plot gesponnen wird. Dass der Name der Hauptfigur im Deutschen ein Synonym für Feldsalat ist, dürfte dem US-Publikum, aber auch vielen deutschen Zuschauern ohnehin unbekannt sein; auf den erzählerischen Zusammenhang zwischen dem schmackhaften Kraut und dem Mädchen mit den ellenlangen Haaren kann also verzichtet werden. Um zu erklären, wie Rapunzel in die Hände einer Zauberin gerät, wird hier nicht mehr auf die Essgelüste einer schwangeren Mutter, sondern eine Vorgeschichte erzählt, in der Sonnen-Magie in den Haaren der neugeborenen Prinzessin Rapunzel landet und ihnen heilerische Kräfte verleiht. Eine Hexe will dies nutzen, um sich selbst ewige Jugend und Schönheit zu bewahren, doch funktioniert der Zauber nur so lange, wie die Haare auf dem Kopf der Trägerin sind. Anstatt sich einige Strähnen abzuschneiden, reißt sich die Hexe also das ganze Kind unter den Nagel und zieht es als ihre eigene Tochter groß. Die königlichen Eltern hören jedoch nicht auf, um ihre verlorene Stammhalterin zu trauern, und lassen jedes Jahr am Geburtstag Tausende von Laternen als Lichtzeichen in den Himmel steigen. Rapunzel sieht sie und will deren Ursprung erkunden – die Initialzündung, um gegen den Willen ihrer „Mutter“ den heimischen Turm zu verlassen. Ihre Chance sieht Rapunzel gekommen, als der großsprecherische, aber sympathische Dieb Flynn Rider in ihrem Turm landet. Mit einer Mischung aus roher Gewalt und Erpressung zwingt sie ihn, sich ihr als Führer zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam machen sie sich auf eine Reise, bei der Rapunzel nicht nur ihrem Traum näher kommt, sondern auch ihrem Begleiter. Die Hexe aber will die Kontrolle über das Mädchen und sein magisches Haar nicht kampflos aufgeben. Was bei den Grimms nicht zuletzt eine Leidensgeschichte ist, deren Helden sich im Erdulden üben müssen, bevor sie wie durch ein Wunder erlöst werden, wird hier zur schwungvollen Emanzipationsgeschichte einer jungen Frau, die sich den Besitzansprüchen ihrer (Pflege-)Mutter entzieht und ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Jener Teil der Geschichte, der die Reise des Angebers Flynn mit der unbedarften, aber alles andere als hilflosen Rapunzel schildert, folgt dabei dem Muster einschlägiger Screwball-Komödien, bei denen sich zwei zunächst konträre Figuren im gemeinsamen Kampf mit allerlei Widrigkeiten romantisch zusammenraufen und mit- und aneinander wachsen. Für weiteren komischen Zündstoff sorgen besonders gut gelungene tierische Sidekicks, die das Pärchen begleiten: ein treu an Rapunzels Seite stehendes Chamäleon sowie ein Pferd namens Maximus, das als gnadenloser Ordnungshüter hinter Flynn her ist und seiner Funktion als Streitross auch ohne Reiter alle Ehre macht. Dem leichtherzigen Ton, mit dem die Figuren ihre Musiknummern trällern (auch wenn diese an den Jazz-Sound von „Küss den Frosch“ nicht heran kommen), gehorcht auch die Konzeption der Böswichter: Richtig gruseln dürfte es auch kleinste Zuschauer angesichts der aparten Hexe nicht. Mit Herzblut unterfüttert wird der Komödienstoff weniger durch Grimmschen Schauder als durch dramatische Wendungen und Missverständnisse in der Liebesgeschichte, die sich dem Happy End in den Weg stellen. Mut zu Innovation und Originalität spricht aus dem Film sicher nicht, dafür aber eine angenehme gestalterische Sorgfalt und eine im positiven Sinne „konservative“ Rückkopplung ans Erzählhandwerk, das jenseits filmtechnischer Trendsetterei auf eine stimmige Entwicklung von Figuren und einer emotionalen Geschichte setzt.