
Saint-Exupéry - Die Geschichte vor dem kleinen Prinzen









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Filmkritik
Fliegen und Schreiben – das waren die beiden Leidenschaften, die Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944) zeit seines Lebens nicht losließen. Zwei Leidenschaften, die er nicht um ihrer selbst willen verfolgte. Er verstand sie vor allem als Dienst am Menschen, die moderne Technik, die das Fliegen erst ermöglichte, sollte ein menschliches Antlitz erhalten. Brüderlichkeit, Pflichtbewusstsein und Mut sind die Werte, die Saint-Exupéry vermitteln wollte. Seine Erlebnisse als Pilot beeinflussten seine Romane ungemein, Flieger und Dichter – das waren durchaus Berufe, die sich miteinander verknüpfen ließen.
Als 1943 „Der kleine Prinz“, ein Büchlein von gerade einmal siebzig Seiten, erschien, hatte Saint-Exupéry bereits eine Karriere als Flieger für private Fluggesellschaften hinter sich. So ist auch der deutsche Untertitel für das Drama des französisch-argentinischen Drehbuchautors und Regisseurs Pablo Agüero zu verstehen. Es geht um die Zeit, bevor Saint-Exupery berühmt wurde.
Postflieger trotzen der Gefahr
Argentinien 1930. Antoine de Saint-Exupéry arbeitet zusammen mit seinem besten Freund Henri Guillaumet für das französische Flugunternehmen Aéropostale. Briefe, Päckchen, Pakete – all das bringen die beiden zu ihren Empfängern. Ein gefährlicher Job, das zeigt schon die erste Szene des Films, in der Saint-Ex, wie er von Freunden genannt wird, der Sprit ausgeht und er in einem See notlanden muss. Mit einem Husarenstück befreit Henri ihn aus der Bredouille.
Doch es gibt außer der Gefahr noch andere Probleme. Da ist zum Beispiel die Konkurrenz durch die schnellere Eisenbahn, die auch nachts fährt. Die Lösung wäre der Flug über die Anden – eine erhebliche Abkürzung. Doch in 4000 Meter Höhe ist die Luft so dünn, dass die Propeller keinen Widerstand mehr hätten und die Flugzeuge unweigerlich abstürzen würden. Henri will sich damit nicht abfinden und versucht, eine Passage durch die Berge zu finden. Es kommt, wie es kommen muss: Er gerät in einen Schneesturm und muss notlanden, niemand weiß wo, weil der Funkkontakt abgerissen ist. Saint-Ex macht sich auf die Suche nach seinem Freund. Dabei wird er von Henris Frau Noëlle am Funkgerät unterstützt und geleitet.
Mut, Entdeckerfreude und Grenzüberschreitung
Agüero hat – als ausdrückliche Hommage an Antoine de Saint-Exupéry – einen dramatischen Abenteuerfilm gedreht, in dem es um Mut, Entdeckerfreude und Grenzüberschreitung geht, um Hoffnung und eine unzertrennliche Freundschaft. Louis Garrel spielt Saint-Exupéry als extrovertierten, charmanten Macher, der sich sorglos in Gefahren stürzt, sich dabei aber auch auf seine Fähigkeiten und seine Weitsicht verlassen kann. Er ist ein Träumer, der sich im richtigen Moment den Tatsachen stellt.
Vincent Cassel spielt ungewohnt zurückgenommen den treuen Freund, der in existenzielle Not gerät. Doch Aufgeben ist keine Option. Diane Kruger als seine Frau ist so etwas wie der ruhende Pol. Der Tollkühnheit der Männer setzt sie Lebenstüchtigkeit und gesunden Menschenverstand entgegen, unermüdlich treibt sie die Rettungsarbeiten voran.
Luft- und Naturaufnahmen von eigentümlichem Reiz
Angesiedelt ist der Film in einem kargen Ambiente: eine Radiostation, hölzerne Schuppen, schlechtbeleuchtete Büros. Bis die Fantasie mit einer frenetischen Szene in einem Nachtclub mitten in der Provinz Einzug hält. Die Luft- und Naturaufnahmen haben einen ganz eigentümlichen Reiz. Sanfte Brauntöne, aufgehellt durch goldgelben Schimmer, entführen in eine ganz eigene Welt, irgendwo angesiedelt zwischen unerreichbaren Höhen und gefährlichem Abgrund, zwischen Himmel und Hölle. Graublaue Wolkenformationen, rotgelbe Sonnenuntergänge und nebelverhangene Meereswellen verstärken diesen Eindruck noch. Dass Saint-Exupéry 1944 von einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer nicht zurückkehrte und so zum französischen Nationalhelden wurde, spiegelt die Geschichte dieses Films auf eindrucksvolle Weise.