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Filmkritik
„Sicario 2“ ist ein Film, der neugierig macht, letztlich aber enttäuscht. Er demonstriert, wie Terrorismus, Drogenhandel und Menschenschmuggel nicht mehr auf ein begrenztes Territorium beschränkt sind. Doch er vermag nicht mehr das Niveau und die gestalterische Kraft seines exzellenten Vorgängers „Sicario“ (fd 43 380) zu erreichen, obwohl auch er politische Konnotationen zulässt. Wer die auf Drehbüchern von Taylor Sheridan beruhenden Filme der letzten Jahre verfolgt hat, wird sich kaum darüber wundern, dass die Story von „Sicario 2“ fest in der amerikanischen Gegenwart verankert ist. Im ersten „Sicario“-Film beschrieb Sheridan den Drogenhandel nicht nur als gesellschaftliches, sondern auch als moralisches Problem; in „Hell or High Water“ (fd 44 399) widmete er sich im Gewand eines ironischen Thrillers der Relativierung von Gesetz und Moral im Gefolge der Bankenkrise des Jahres 2008; und in „Wind River“ (fd 45 251) ging es ihm im Hintergrund einer Kriminalgeschichte um das komplizierte Zusammenleben von Weißen und Indianern in den Bergen von Wyoming. Sheridans Drehbücher sind allesamt Vorlagen zu Actionfilmen, gleichgültig, von welchem Regisseur sie inszeniert werden. Mehr als jeder heute in Hollywood wirkende Autor widmet er sich den politischen und humanitären Krisen der amerikanischen Gesellschaft als Themen seiner vordergründig genrekonformen Filme. Es liegt an der Handschrift des jeweiligen Regisseurs, wie viel davon sichtbar wird. „Sicario 2“ hat das Glück, zu einem Zeitpunkt in die Kinos zu kommen, in dem die Aufmerksamkeit des Publikums für das Thema Menschenschmuggel durch die aktuelle Immigrationsgesetzgebung und deren moralisch anfechtbare Exekution durch die Trump-Regierung besonders groß ist. Auch wenn die Stereotypen des Action- und Kriegsfilms die Handlung oft überwuchern, ist „Sicario 2“ die Konzentration der Zuschauer auf die der Realität bemerkenswert nahekommenden Geschichte sicher. Einstellungen eines Terroristen, der sich in einem US-Supermarkt in die Luft sprengt, oder eines von Immigranten bewohnten Hauses im unmittelbaren Schlagschatten der Mauer zwischen den USA und Mexiko prägen sich dem Gedächtnis ein, auch wenn sie nur wenige Sekunden dauern. Gleich der Beginn definiert die Ursachen der Ängste, von denen die Welt heute bedroht ist: Sowohl an der mexikanischen Grenze oder Tausende Kilometer entfernt in Somalia sind dieselben destruktiven Kräfte am Werk; Terrorismus und Menschenschmuggel sind Teil des Alltags geworden. Im Unterschied zum ersten „Sicario“-Film steht nicht mehr die als eine Art moralisches Korrektiv wirkende FBI-Agentin im Mittelpunkt, sondern der mit Gewalt und Folter als Handwerkszeug umgehende CIA-Mann Matt Graver (Josh Brolin), den die US-Regierung immer dann einsetzt, wenn die Mittel normaler Kriegsführung zu versagen drohen. Er besitzt genug Erfahrung, um die Lektionen, die er in Irak gelernt hat, auch in Mexiko umzusetzen. Da dem überhandnehmenden Drogen- und Menschenschmuggel nicht mehr beizukommen ist, schlägt Matt seinen Vorgesetzten vor, die mexikanischen Kartelle gegeneinander auszuspielen, damit sie sich selbst dezimieren. Dazu bedient er sich eines anderen „alten Bekannten“ aus dem ersten „Sicario“-Film: Alejandro (Benicio Del Toro) scheint der richtige Mann für diese Aufgabe zu sein, weil er seine eigene Familie durch die Aktionen eines Kartellchefs verloren hat. Dessen minderjährige Tochter Isabel (hervorragend gespielt von Isabela Moner) wird zum Objekt eines sorgsam eingefädelten Kriegs zwischen rivalisierenden Kartellen. Isabels Schicksal und das bittere Los eines anderen Teenagers, der Angehörige auf beiden Seiten der Grenze hat, verschaffen dem Film einen humanitären Unterbau. Als Regisseur wurde Stefano Sollima verpflichtet, der durch die düstere italienische Serie „Gomorrha“ (2014) bekannt wurde. Sollima ist kein Denis Villeneuve, und „Sicario 2“ kann seinem Vorgänger in der Machart nicht das Wasser reichen. Sollima beherrscht zweifellos das Handwerk, aber ihm fehlt der Sinn für Abstraktion, der dem ersten „Sicario“-Film nahezu symbolische Qualitäten verlieh. Obwohl Sheridans Drehbuch genug Ansatzpunkte liefert, die zur Vertiefung der Handlung beitragen könnten, inszeniert Sollima allzu oft nur den Vordergrund und überlässt es dem Zuschauer, die tragischen Konsequenzen auszuloten. So ist „Sicario 2“ weitaus mehr als der Vorgängerfilm von Dennis Villeneuve ein „vertrackter Thriller über einen vertrackten Konflikt“ (Tim Slagman) geworden, trotzdem aber eine durchaus beachtenswerte Auseinandersetzung mit der Realität unserer Tage im Gewand eines konventionellen Actionfilms.