









- Veröffentlichung19.06.2025
- RegieWerner Penzel, Nicolas Humbert
- ProduktionDeutschland (1990)
- Dauer87 Minuten
- GenreDokumentarfilmMusik
- AltersfreigabeFSK 12
Cast
Vorstellungen







Filmkritik
Ein Mann steht im Supermarkt vor einem Regal mit getrockneten Hülsenfrüchten, nimmt verschiedene Beutel in die Hand, um schließlich mit einem ganzen Arm voll davon Richtung Kasse zu marschieren. In seiner Wohnung verteilt er den Inhalt der Tüten säuberlich in kleine Schälchen. Doch statt mit der Zubereitung einer Mahlzeit zu beginnen, gruppiert er die Schalen auf und neben einer Gitarre und inszeniert unter Zuhilfenahme dieser Utensilien ein furioses Percussionsmenü. Schließlich heißt der Mann auch nicht Max Inzinger, sondern Fred Frith.
Der mittlerweile 40jährige britische Multi-Instrumentalist hat sich einer Musik verschrieben, die sich allen Kategorisierungsversuchen radikal widersetzt: eine grenzüberschreitende akustische Collage, die nichts gemein hat mit allem, was heutzutage mit dem Etikett "Weltmusik" zu meditativen Entspannungsübungen ermuntern will. Frith ist ein Musiker, der Kanten und Brüche bevorzugt, mit Punk so seriös verfährt wie mit Schönberg anarchisch, mit vertrauten Hörgewohnheiten spielt, um sie immer wieder augenzwinkernd in Frage zu stellen. Seine Musik ist so intelligent und impulsiv, so ernsthaft und humorvoll wie er selbst. Ob er nun während des Gesprächs plötzlich einen vertrackten Rhythmus zu klopfen beginnt oder konzentriert eine seiner dynamischen Kompositionen dirigiert, man könnte ihn wohl auch zwei Stunden vor eine fixe Kamera setzen, und es käme noch immer ein spannender Film dabei heraus.
Ganz so einfach haben es sich die beiden Regisseure nicht gemacht. Im Bemühen, eine dieser Musik adäquate Filmsprache zu entwickeln, haben sie Frith auf seinen Reisen durch Europa, die USA und Japan begleitet und ihn dabei nicht nur mit der Kamera beobachtet, Gespräche, Proben- und Konzertmitschnitte aneinandergereiht, sondern diese Elemente mit "Fundstücken" zu einer faszinierenden Collage verwoben: eine Candy-Maschine, die sich mit einer zähen Masse herumschlägt, ein seltsamer japanischer Imbißstand, dampfende Kanaldeckel in New York, immer wieder Gesichter; fremde, aber auch bekannte, wie das Heer der musikalischen Mitstreiter (Arto Lindsay, John Zorn, Tom Cora) oder der Fotograf und Dokumentarfilmer Robert Frank, der sich in einem Zug über die Vorzüge des Bahnreisens ausläßt. Die Bilder haben den Charakter einer improvisierten Zufälligkeit (nicht Beliebigkeit!) und erscheinen als solche mal mehr, mal weniger gelungen. Viele bleiben in der Erinnerung haften. Seine stärksten Momente hat der Film, wo ihm die Gratwanderung gelingt, sich in Bildwahl und Montage von der Musik leiten zu lassen, ohne sie zu überformen und damit zu verengen. In diesem gleichrangigen Miteinander zweier künstlerischer Gestaltungsweisen blitzt dann manchmal etwas auf, was man fast intuitive Erkenntnis nennen könnte. Glücksfälle des dokumentarischen Kinos, die sich nicht konstruieren, sondern nur finden lassen. Begriffen wie Kreativität, Phantasie und Spontaneität wird, allem voran dank der Persönlichkeit und Musik Fred Friths, Leben eingehaucht.