


- RegieDiego Del Río
- Produktion2023
- Dauer78 Minuten
- GenreDrama
Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Der Horrorfilm entdeckt die Stille. Vor nicht allzu langer Zeit lief mit „A Quiet Place“ ein Film in den deutschen Kinos, in dem die Protagonisten ruhig sein mussten, wollten sie nicht die Aufmerksamkeit blinder Monster erregen. Dass die Tochter der im Mittelpunkt stehenden Familie schwerhörig war, erleichterte die Kommunikation untereinander – man verständigte sich mit Zeichen, um nicht laut sprechen zu müssen. Das bestechende Konzept: Stille macht Angst, weil sie so selten ist und keine Orientierung durch akustische Reize erlaubt. Mehr noch: Geräusche werden lebensgefährlich und bedrohen sogar die Zivilisation. „Silence“, inszeniert von John R. Leonetti („Annabelle“), nimmt diese Motive, basierend auf dem Bestseller von Tim Lebbon, wieder auf. Allerdings verliert der Film dadurch seine Eigenständigkeit. Der Vergleich zu „A Quiet Place“ drängt sich auf. Und fällt zu Ungunsten des Nachfolgers aus.
Es beginnt mit einem kurzen Prolog. Die Leinwand ist schwarz, nur oben rechts ist ein kleiner Lichtpunkt auszumachen. Er wird, begleitet von Hammerschlägen, immer größer, und dann wird plötzlich durch eine Außensicht deutlich, was hier passiert: Forscher durchschlagen eine dünne Wand und öffnen so den Zugang zu einer Höhle. Plötzlich fliegen ihnen Tausende von Fledermäusen, so muss man zunächst annehmen, entgegen. Doch in Wahrheit sind es blinde Urzeitmonster, die aussehen wie eine Mischung aus H.R. Gigers Alien und den Gremlins. Wie fliegende Piranhas stürzen sie sich auf die Menschen, sobald das kleinste Geräusch deren Ortung erlaubt. Das ist das dystopische Katastrophenszenario, dem sich Hugh und Kelly Andrews mit ihren beiden Kindern und der Großmutter gegenübersehen.
Nach dem Rückzug in die Wälder häufen sich die Klischees
Im Mittelpunkt steht dabei die 16-jährige Ally, die seit einem Unfall vor drei Jahren nicht mehr hören kann. Ihretwegen haben alle, Verwandte und Freunde, Gebärdensprache gelernt. Gegen den Rat der Behörden verlässt Hugh Andrews mit seiner Familie und einem Freund in zwei Autos die menschenleere Stadt, um sich in die Stille der Wälder zurückzuziehen. Jetzt kommt es auch zur spannendsten Szene des Films: Ein Auto verunglückt, das andere wird zur Falle, und nur durch ein Opfer und eine beherzt ausgeführte List können die Andrews den Monstern entkommen. Doch kaum haben sie Unterschlupf in einem verwaisten Haus gefunden, verlangsamt sich schlagartig das Erzähltempo, und die Klischees häufen sich: jemand ist verletzt, es gibt keine Antibiotika, und weitere Überlebende entpuppen sich als Mitglieder einer obskure Sekte, die es auf Ally abgesehen hat.
Der Mensch ist des Menschen Feind – mit einem Mal treten die Monster, die mit ihrem spitzen Geschnatter auf der Tonebene für ständige Bedrohung gesorgt haben und in übersteigerter „Vögel“-Manier die Stromleitungen besetzten, in den Hintergrund, und der Film geht unspektakulär und banal zu Ende. Dabei hatten der beschriebene Autounfall und jene beklemmende Szene, in der eine Mutter und ihr schreiendes Baby von verängstigten Pendlern aus einem stehenden U-Bahn-Waggon geworfen werden, die Erwartungen an packenden Grusel hochgeschraubt, nicht zu vergessen der Donner eines Gewitters oder der Alarm in einer Drogerie, die zur Desorientierung der Monster beitragen.
Plötzlich ist die Spannung weg
Doch plötzlich ist die Spannung weg, der Horrorfilm wandelt sich zum Drama, in dem eine Familie durch die Umstände zu engerem Zusammenhalt gezwungen wird. Allerdings laden die Schauspieler kaum zur Identifikation und damit zur Sorge um ihre Figuren ein. Besonders Kiernan Shipka, die als Sally Draper in „Mad Men“ doch so gut war, vermittelt selten ein Gefühl für die Schwere ihrer Behinderung. Darum ist auch der Anspruch, die Familie heil durch die Katastrophe zu führen, pure Behauptung. „A Quiet Place“ war da sehr viel intelligenter und beklemmender.